Sonntag, 6. Februar 2011

Über Goethes Lyrik

Es sind mit die schönsten Stunden eines schreibreichen Tages wenn ich am Abend zu Bett gehe und noch einige Zeit in Goethes Lyrik lese. In guten als auch in schweren und harten Tagen und Stunden, war es der Genius Goethes der wie Labsal oft die verletzte Seele beruhigte. Es ist die goethische All-Liebe, das kosmische und die Liebe zum irdischen, zur Pflanze, zu den Nebeln des Morgens, zu Fels und Baum, die mich immer wieder hintreibt zu den Gedichten Goethes. „In dem er sich ständig wandelte, nie stockte und sich nie versteifte, blieb er dem ständig sich wandelnden Leben treu“, bemerkte Emil Staiger einmal und fuhr fort in seinem Nachwort über Goethes Liebesgedichte: „Wie sich die eine Pflanze, die das Urbild, in die unübersehbare bunte Fülle der Pflanzenwelt entfaltet, entfaltet sich hier eine Urform der Liebe, von der die Welt vor Goethe nichts wusste, in überraschenden Metamorphosen“.

In Goethes eigenen Worten „geprägte Form, die lebend sich entwickelt“, die aristotelische Entelechie, nähert sich bei Goethe, fast der taoistischen Philosophie, „und so lang du dies nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde“!

Es ist die All-Liebe, die kosmische Liebe, das Wissen um das Geheimnis der Leibnitzschen Monaden Lehre, die solch von Metaphysik durchdrungene Gedichte entstehen ließen.

Am Anfang der Philosophie steht das Staunen, wusste Aristoteles. Goethe hat dieses philosophische Staunen nie verlernt.

„Mehr Licht“! waren seine letzten Worte, diese Worte stehen für Goethes leben und Werk, er war ein wahrhaft Lichthungriger.

Kein Wesen kann zu nichts zerfallen

Das ewige regt sich fort in allen,

Am Sein erhalte dich beglückt!

Das Sein i8st ewig: denn Gesetze

Bewahren die lebend`gen Schätze,

Aus welchem sich das All geschmückt.

Wir schreiben heute viel über Transzendenz, über kosmisches Bewusstsein und Spiritualität, meist in einer Art von verklausulierter Esoterik, der alte meister würde hierüber spöttisch lächeln. Goethes kosmisches Bewusstsein war irdischer Natur, fest auf der erde stehend, beobachtete er den Lauf der Gestirne, wissend, dass er ein Teil von ihnen war.

Zum Sehen geboren,

Zum Schauen bestellt,

Dem Turme geschworen,

Gefällt mir die Welt.

Ich blick in die Ferne,

Ich seh in der Näh`

Den Mond und die Sterne,

den Wald und das Reh.

So seh ich in allem,

Die ewige Zier

Und wie mir`s gefallen

Gefall ich auch mir.

Ihr glücklichen Augen,

Was je ihr gesehn,

Es sei wie es wolle,

Es war doch so schön!

hukwa