Heute ist Freitag wir haben
Tauwetter
es ist ein Tag an dem es nicht hell
werden will
in einer e – Mail teilte mir jemand
mit
ich würde in einer evozierenden
Zeichensprache schreiben und mein Denken wäre
dunkel und esoterisch
wahrscheinlich hat er recht doch
ich schrieb zurück
meine Gedichte besitzen ein
ontologisches Schema und ich betreibe
lyrische Phänomenologie
das möchte ich auch in aller Ruhe
weiterhin tun
ich schrieb einen Text über GONGORA
und machte danach einen Waldspaziergang
ruhig und starr wie Buddhastatuen
stehen die Bäume im Wald
als seien sie in ihrem eigenen Saft
erstarrt
ein einsames Vogelpiepsen dringt aus
dem Dickicht zu mir
ich glaube es ist eine Kohlmeise
ich laufe hoch zur alten Burgruine und
schaue ins Tal hinunter
ich lausche einige Zeit dem Rauschen
des Wildbachs
dann kehre ich wieder um nach Hause
dort angekommen übe ich mich im
BEI MIR SELBST SEIN
dies kann man nicht oft genug üben
koche mir einen Cappuccino
und gehe an den ORT an dem ICH SCHREIBE
und schreibe
KONKRET über das LAND in dem ICH lebe
OHNMACHT
ZORN und ZÄRTLICHKEIT
SPRACHE die nicht vor den
WIDERSPRÜCHLICHKEITEN des Lebens
KAPITULIERT
und denke, ich will Gedichte schreiben
so hart wie STEIN
KIESELSTEINGEDICHTE
sollen
es sein
mit der
Steinschleuder
will ich sie
schleudern und
sie werden
SCHWEIGEN
keiner wird
mehr sagen
nimm den
Kiesel aus dem Mund
Der Postbote unterbricht mich beim
Schreiben bringt mir eine Büchersendung die ich hastig öffne und
mich dann freue wie ein kleines Kind ein Buch von Garcia Lorca und
ein weiteres von Rafael Alberti ich beginne sofort mit dem lesen
merke erst als die Dämmerung beginnt das ich zu lange gelesen habe
und mein Gedicht darüber fast vergessen habe also schreibe ich
wieder:
beginne mit:
MORGEN ist Samstag der
DritteJanuarZweitausenFünfzehn und ich DENKE
ein Dichter findet immer MATERIAL das
ihn zu der DICHTE der DINGE führt und macht daraus
GEDICHTE.
hukwa