Gedanken eines Waldgängers
Wer in den Wäldern lebt
sieht den Wald anders als jemand der in der Großstadt lebt. Es gibt
ihn den Unterschied zwischen dem Stadtmenschen und dem Naturmenschen
und so gibt es auch verschiedene Weisen die Natur zu sehen und zu
erfassen.
Der Mensch der die Natur
liebt dem wird sie zu einem letzten Reservat eines romantischen
Gefühls. Ihm öffnen die Wälder nicht nur die Sinne, sie schenken
seinem Leben auch Sinn. Vor allem jetzt, in der dunklen Jahreszeit
hat der Wald dem Wanderer besonderes zu bieten. Er fordert seinen
Geist und seine Phantasie heraus. Dass rau
es Wetter das Denken
fördert, ist in der Philosophie allgemein bekannt . Wenn Regen und
Schnee die äußere Sicht einschränken, wendet der Blick sich nach
innen.
In den Wäldern können
wir eine Freiheit spüren, die es uns erlaubt, mit dem Wesentlichen
des Lebens in Kontakt zu treten. Es ist die Stille des Winterwaldes,
die uns eine bisher nicht gekannte, schweigende Aufmerksamkeit
schenkt. Viel intensiver spüren wir nun die Beziehungen zum Wechsel
der Jahreszeiten. Fern dem unbarmherzig ewig geräuschvoll laufenden
Motor der Großstadt finden wir im winterlichen Wald nun eine ganz
andere psychologische Dimension der inneren Einkehr und Ruhe vor. In
einer Zeit der entfesselten Märkte, der ökonomischen Unsicherheiten
wird uns der Wald zu einer Insel der Ruhe und Erholung.
Der Wald mit seinen
großartigen Naturerscheinungen hat für alle nur möglichen Fragen
eine Antwort parat. Wenn wir in die Tiefen der Wälder eindringen,
wenn überkommt da nicht Respekt, wenn er unter alten Baumriesen
wandert die hier und da noch zu finden sind. Und so kann es
passieren, dass wir uns plötzlich in einer romantischen Welt
wiederfinden, dass wir im Wald einen friedvoll in sich ruhenden
Erdentag genießen und ihn als eine mütterliche Hülle des Lebens
erahnen, als Spiegelung unserer eigenen Empfindungen und Gefühle,
als unberührte Natur, die uns den ewigen Rhythmus des „Werden und
Vergehen“ erzählt.
In den Wäldern erhalten
wir jenen Zuspruch der uns in unserem Alltagsleben so oft versagt
bleibt. Wenn wir uns in ihnen aufhalten bemerken wir alsbald das hier
noch etwas existiert was sich im Alltagsleben nur noch schwer finden
lässt: Sein. In einer von Ellenbogenmentalität geprägten
Gesellschaft, kann der Wald zu einem Refugium des Seins werden. Schon
lange hat sich das Misstrauen gegen eine Welt die eigentlich nur noch
ökonomisch zu funktionieren scheint zu einem Krankheitssymptom
unserer Zeit ausgewachsen und alle Werte ins Schwanken gebracht. Doch
eine Wanderung durch den Wald kann uns wieder jenen Werten nahe
bringen, die wir als die menschlichen bezeichnen.
Wir können den Wald als
ein einziges Gleichnis betrachten. Manchmal erscheint er uns wie ein
Labyrinth, wir wandern durch dunklen Fichtentann und wissen irgendwo
wartet eine sonnige Lichtung auf uns. Unser Alltagsleben ist oft
stressig, wir werden gereizt durch Lärm, tragen uneingestandene
Wünsche mit uns herum unser Leben besteht oft nur aus Sorgen,
Ängsten und Phantasien die wir natürlich Verdrängen. Dies sind
alles Symptome die unseren Körper und Geist in eine ständige
Alarmbereitschaft versetzen. Im Alltagleben werden wir vor allem vom
Stress gejagt unter dem natürlich auch die zwischenmenschlichen
Beziehungen leiden. Von Stresssituationen zum Dauerstress ist es nur
eine kurze Wegstrecke und schon haben uns die Infamitäten des
Alltags fest im Griff und wir denken manchmal es gibt kein Entrinnen
daraus. Unser Alltag wird zu einem Gewirr von Eindrücken,
Forderungen, negativen Gedanken und unliebsamen Verpflichtungen. Wir
sind ständig in der Gefahr die Einheit unseres Lebens zu verlieren.
Wir leben fern von uns selbst, also fern von unserer wirklichen
Existenz. Unruhe, unbeantwortete Fragen und Zweifel sind zur
geistigen Heimat des Menschen geworden. Der Wald hingegen schenkt
uns Sinngebung, er hat einen meditativen Einfluss auf uns. Jeder
Mensch spürt irgendwann in seinem Leben ein Bedürfnis nach Natur,
Stille und erholsamer Umgebung. Er weiß unbewusst in den Wäldern
findet er eine innere Balance, seinen eigenen Mittelpunkt, denn die
Menschen meistens verloren haben.
Der Philosoph Ernst Bloch
schreib einmal: „Der Mensch bewegt sich in der Natur wie im
Feindesland“, nun da muss er eben wieder lernen, den Wald als eine
Offenbarung zu sehen, als eine Arznei für seine Seele. Es liegt in
der Natur des Menschen das er zu Eingrenzungen und Vereinnahmungen
neigt. Für den einen ist der Wald ein romantischer Ort, aber es gibt
auch jene die hier nur eine Menge Bretter „wachsen“ sehen. Aber
jene die sich in der Kunst des meditativen Wanderns üben werden im
Wald das finden was sie suchen, einen Zuspruch.
hukwa