Dienstag, 24. Dezember 2019

Heiliger Abend im Wald

Im Fichtenhain - Foto©UteKW
Kindheit und Weihnachten das ist ein Schlüssel in eine vergangene Zeit, in unbekümmerte Jahre der Zufriedenheit. Und wenn wir uns als Erwachsene wieder zurückdenken in diese fast mythische Zeit erscheint sie uns wie verklärt, weil ihr eben ein besonderer Zauber innewohnt.

Als Erwachsener kann man diesem Zauber kaum mehr nachempfinden. Wir nennen diese Erinnerungen romantisch und misstrauen ihrer Wirklichkeitsnähe – war es so oder habe ich damals geträumt? Aber – es scheint tatsächlich so gewesen zu sein.

Es war ein Heiliger Abend in den 1960zigern Jahren. Am späten Nachmittag unternahm ich mit dem Großvater noch einen Waldspaziergang. Im Wald war es düster und vom Himmel fielen die ersten Schneeflocken. Die Landschaft schien wie verzaubert. Auf dem Boden breitete sich das Laub wie ein Teppich aus und ein tiefes Schweigen umfing uns. Zuhause wurde der Christbaum geschmückt doch auch hier in der Natur empfand ich ein Gefühl der Geborgenheit. Da sprengten Baumwurzeln den spröden Stein, im Dickicht piepste eine einsame Meise, hier ragten Wurzelwerk und Äste in den Himmel, in seiner Einsamkeit schien der Wald doch reges Leben zu entfalten. Von Minute zu Minute wuchs die Spannung, in wenigen Stunden war Weihnachten.Wir machten uns langsam auf den Heimweg und die Dunkelheit legte sich sanft über die Bäume. Der Großvater schlug einen schmalen, von Hecken bewachsenen Pfad ein. Der Schneefall war stärker geworden, wir zwängten uns durch den engen Weg an dessen Ende ich etwas leuchten sah. Je näher wir diesem Licht kamen desto geheimnisvoller erschien es mir. Dann stand ich davor, mitten im Wald, ganz einsam, stand eine kleine verkrüppelte Fichte, feierlich geschmückt und sogar eine Kerze brannte. Das war des Werk des Christkindes sagte der Großvater und ich glaubte ihm aufs Wort.
Aus der kleinen Fichte ist inzwischen ein mächtiger Baum geworden und am Heiligen Abend verlasse ich manchmal für eine Stunde das Haus und zünde an diesem Baum ein Kerzlein an und reise für kurze Zeit dorthin wo das Leben noch feierlich war – in die Kindheit. 

hukwa