Donnerstag, 24. September 2009

Authentizität von Tagebüchern

Ein mann der was zu sagen hat und keine zuhörer findet
ist schlimm dran
noch schlimmer sind zuhörer dran,
die keinen finden der etwas zu sagen hat.
Bert Brecht

Tagebuch schreiben, tagebuch veröffentlichen heißt arbeit an der eigenen biographie. Wenn ich mich entschieden habe tagebuchaufzeichnungen, zu veröffentlichen, muss ich auch teile meiner intimssphäre veröffentlichen. Namen sind wirkliche namen, orte sind wirkliche orte, nur so ist das tagebuch auch echt. In den 70ziger jahren begann ich mit dem aufschreiben von tagesgedanken, damals war dies mehr eine lose blättersammlung. Ab 1989 schrieb ich dann in fest gebundene schreibbücher von format D4 was ich heute auch noch tue. Ab mitte der 90ziger jahre enthalten meine schreibbücher auch tusche und buntstift zeichnungen. Wohl weil ich seit dieser zeit auch vermehrt in der bildenden kunst gearbeitet habe. Auch begann ich damit briefe, zeitungsartikel ect. in meine tagebücher einzukleben. Nur so ist es mir möglich den zeitgeist der gesellschaft, als auch mein eigenes ich also höhen und tiefen einer künstlernatur darzustellen.
Ich habe schon immer gerne tagebücher von künstlern und schriftstellern gelesen, sie sind für mich die interessanteste lektüre die ich mir vorstellen kann, weil sie eben der realität eines gelebten lebens entsprechen.
Nur durch eine solche art der absoluten veröffentlichung ist es möglich, ein seelisches spiegelbild und politisch gesellschaftskritische reflexionen über sich selbst an den leser weiterzugeben.
Wer selbst begeisterter tagebuch leser ist, spürt natürlich sofort, wenn er solche eintragungen liest, wieviel hier verändert wird, versteckt wird oder weggelassen wird. Tagebuch schreiben ist immer der versuch mit der wahrheit zu leben. Es gibt das tagebuch als literarische gattung und es gibt das tagebuch als biographisches schreiben, ich bevorzuge das letztere.

Der Dichter ist der rufer in der wüste. Heute bewegt sich der dichter oft in der wüste des betons, des neons, des asphalts. Hier ruft er die "dinge" und be - greift sie förmlich. Er "greift" ein in die unordnung der zeit und ordnet sie für sich selbst. Der dichter muss nicht lehrer der worte sein, er soll ihr bewahrer sein, er weiß wie er sie anzuwenden hat um jenen zustand der einsicht hervorzubringen, einer einsicht die auf seiner persönlichen wahrheit beruht. In dem er einsicht und wahrheit zu text und vers schmiedet, hat er ein gedicht geschaffen, dies benutzt er als korrespondenz in seiner um - und mitwelt.

Die Heimat des Menschen ist gar nicht der Ort wo er zu wohnen glaubt.
Ohne zweifel: reisende wie marco polo oder kolumbus haben tausende von kilometern auf unserem planeten zurückgelegt und dabei viel neues endeckt. Wir die wir das menschliche bewusstsein erforschen, haben lichtjahre zurückgelegt und sogar den planeten öfters verlassen.
Aber erst in hundert jahren wird man unsere aufzeichnungen anerkennen.