Donnerstag, 24. September 2009

Morgengedanken über das Dichten

Das einzige was ich seit dreißig jahren beständig mache ist schreiben. Schreiben von gedichten, schreiben von tagebüchern.
Schreib es auf und lies es, reflektiere. Deshalb habe ich wohl immer geschrieben. Im labyrinth des lebens, ist schreiben ein halt, eine boje, eine orientierung.

Dichtung ist dichte - konzentration von augenblicken, annäherungen an das pulsierende der zeit. Es gibt dichter des er - leidens, sie spüren die ohnmacht der zeit, eines systems, es gibt beobachter - zeitzeugen - aber es gibt auch den angreifenden dichter, der sein gedicht wie einen wurfspeer und schutzschild nutzt. In dessen gedichten wir erkennen, wie sehr er mit seinen texten, versucht einen anderen zustand von wirklichkeit und welt herbeizurufen versucht. Solche gedichte die ja protestgedichte zum großen teil sind, sollten sich trotz ihrer politischen realität an das gesetz der gattung gedicht halten.

Vor der Wahl
Sind es nicht der täuschungen genug
der lügen
die ihr uns täglich zelebriert
wir haben schon zu lange eurem seichten winden gelauscht
viel zu lange schon
haben wir den blumen beim wachsen zu gesehen
der wildwuchs hat die gute saat erstickt
wir sollten zum jäten aufbrechen
endlich den spaten in die erde rammen
sie umpflücken
diesmal sollten wir mitbestimmen bei der wahl
der neuen saat.

Es hat seinen reiz
wie proust
aus der erinnerung zu leben
ein dichter findet in diesem fluss
immer eine perle
aber den harten granit
des hier und jetzt
zu bearbeiten
erscheint mir noch dringlicher
denn
so tief wir auch tauchen
irgendwann müssen wir wieder nach oben
um luft zu holen
dann könnte es sein
das wir plötzlich bemerken
das diese reine luft
jetzt
verpestet ist.
hukwa