Mittwoch, 30. September 2009

Diese Erde gehört uns oder neun Monate im Bauch der Wälder

Vielleicht stimmt es und der himmel gehört gott
doch die erde gehört uns
diese betörende erde die wir täglich so oberflächlich töten
dies ist die erde auf der wir gehen
das wunder des lebens unter dem asphalt ahnend
gebe ich ihr meinen segen
verabschiedet euch für einen tag von euren betonmauern
sucht den nächsten wald auf
wo die bäume sterben
stellt eure nackte füße in einen waldbach
und ihr werdet sehen
am nächsten tag habt ihr eine allergie
nehmt keine kräuter mit nach hause sie sind belastet
dennoch
diese betörende erde gehört uns
dem einfachen guten menschen
und nicht der raffgier von politikern
ich schaue in den smog verdreckten himmel
vielleicht szimmt es und
der himmel gehört gott
doch die erde gehört uns.
hukwa


Ich war nie ein mensch der stadt, ich bin ein landmensch. Die "unnatur stadt" hat mich immer angeödet. Im dezember 2008 hatte ich mir vorgenommen für 9.monate keine stadt aufzusuchen. Wie ein embryo sich im bauch seiner mutter entwickelt, war es mir wichtig neun monate in meiner ländlichen heimat zu verbringen, zu verweilen im warmen bauch des pfälzerwaldes. Heute sind es nun neun monate das ich keine stadt aufgesucht habe. Ja, ich hatte mir vorgenommen in dieser zeit die mich umgebende natur noch bewusster zu erforschen als ich es ohne hin schon tue. So bin ich keine zehn kilometer über die grenzen meines heimatortes hinausgelaufen. In diesen neun monaten kam nicht einmal das gefühl von langeweile in mir auf. Im gegenteil ich habe soviel neues endeckt, das ich selbst überrascht war. Städte sind für mich ein symbol des leviathan, ich empfinde sie als unmenschlich. Den städten gehört die zukunft somit gehört die zukunft auch zu einem teil der unmenschlichkeit. Städte fressen sich immer tiefer in das land hinein, ihr antreiber ist eine ausufernde, ausbeutende politische ökonomie, die nach materiellem wachstum strebt und hofft das bald nichts mehr anderes wächst ausser dem
materiellen wachstum. Ich habe mich immer als ein moderner thoreau gefühlt, in diesem sinne bin ich ein kritischer beobachter meiner umgebung und was ich sehe gefällt mir nicht!
Diese bewussten neun monate im bauch der wälder waren mir eine metamorphose, eine wiederholung des "werde der du bist", ich hätte gerne neun jahre daraus gemacht.
hukwa

Dienstag, 29. September 2009

Das Wort Woodstock

Heute morgen gegen vier uhr aufgewacht. Ich habe noch einige zeit meine gedanken fließen lassen bevor ich aufstand. Das erste wort das mir beim erwachen einfiel, war das wort woodstock. Also begann ich noch im bett liegend einige zeit darüber zu reflektieren. Ich überlegte mir wie alt ich war als woodstock stattfand. Ich war damals dreizehn jahre alt. Einige ältere schulkameraden erzählten mir von diesem ereignis und dieser magische name blieb fest in meiner damaligen gedankenwelt haften. Aus heutiger sicht erscheint es mir als hätte sich damals eine spur in mir festgesetzt. In diesem jahr änderte sich wohl entscheidentes in meinem damals wohl noch recht kindlichen denken. Langsam aber stetig wuchs mein interesse an rockmusik. Ich begab mich in das fahrwasser und die bewusstseinsebenen einer generation die alles althergebrachte verweigerte. Da war natürlich eine gewiße scheu vor dem neuen doch zugleich entwickelte sich in mir eine abneigung gegen alles spießbürgerliche denken. Ich spürte damals tief in mir das der weg eines mich umgebenden langweiligen bürgertums nicht der meine sein wird. Damals konnte ich das noch nicht so richtig in gedanken fassen, aber das gespür war vorhanden und aus ihm etwickelte sich eine spur. Mit diesem wort verband mich eine aura aus freiheit und abenteuer. Da war mit einem mal eine realistische gegenwelt, eine welt die nicht aus kleinkariertheiten bestand, eine hoffnung das es so etwas wie persönliche freiheit geben kann und woodstock hat nicht nur mir dies bewiesen.
hukwa

Montag, 28. September 2009

Kunst Realität und Wahrnehmungsfähigkeit

Höchstwahrscheinlich erleben wir gegenwärtig jenen aufregenden zeitpunkt, wo die kunst die sorgen der menschen aus den augen verliert. Wer nicht lobhudelt, wer unbequem ist, wer sich mit problemen und konflikten beschäftigt, wer andere vorstellungen vom sozialen leben entwickelt, muss damit rechnen, dass er seine kunst selbst finanzieren muss. Diese einsicht ist bitter aber unumgänglich. Allerdings bringt sie auch einen vorteil mit sich, für viele das ende des untertanengeistes in der freien kunstszene. Immer mehr verabschiedet sich die kunst aus dem schnöden und profanen geschäft der politik. Gerade jetzt wo es angebracht wäre sich einzumischen und jenen auf die finger zu klopfen, die antreten eine turbokapitalistische politik der unmenschlichkeit einzuleiten. Vielleicht aber irre ich mich und die kunst wird wieder politischer. Heute morgen habe ich in einer alten vergilbten zeitschrift aus den 90zigern folgendes zitat gelesen, das mir sehr zu denken gab:
"...es existiert ein geselschaftliches problem, das sich zusehends verschlimmert. Die Rolle der herrschenden ist offen gelegt, die zahl der betroffenen und die allgemeine unzufriedenheit wächst. Die historischen bedingungen, die bereits bestehenden netzwerke und eine welle von bassisgruppen schaffen eine günstige gesellschaftliche situation. und doch ahnt niemand, weder die öffentlichkeit noch die herrschenden oder gar die aktivistinnen, das eine neue soziale bewegung im entstehen ist..."
Ein spruch den ich gerne unterschreibe, auch wenn ich nicht weiß von wem er ist.
hukwa

Sonntag, 27. September 2009

Morgen am Schreibtisch

Im osten geht langsam die sonne auf. Ich sitze vor dem tagebuch und meine blicke fliegen zwischen aufzeichnungen und nachdenken, durch das blätterwerk der alten blutbuche, hoch zu dem stahlblauen himmel. Einen sonnenaufgang zu beobachten ist mir ein gefühl tiefer innerer harmonie. Ich habe das gefühl mit meiner umgebung zu verschmelzen. All diese sonnenaufgänge die ich in meinem leben beobachten durfte - was ist dagegen sämtlicher reichtum und materieller besitz? Der einzige reichtum den ich zeitlebens erstrebt habe war dieses innigkeitsverhältnis zu der mich umgebenden natur.
Gestern kam mit der post das büchlein "die große befreiung" von d. suzuki. Das vorwort zu diesem buch hat c.g.jung geschrieben. Ich lese suzuki gern. Seine erklärungen zu und über zen sind immer philosphisch gehalten, so macht er einem den zen richtig schmackhaft. Nie bleibt er in kleinkarierten äusserungen über das thema stecken, es geht um geist, philosophie und ethik, ein großer erzähler ist suzuki.
Heute ist bundestahswahl, ich werde wählen gehen, doch es ekelt mich davor, denn man kann ja nur die kleineren übel wählen. Der partei und person der ich meine stimme gebe, geht es doch letztendlich nur um den eigenen vorteil und weniger um menschenwürdige politik, diese ganze politische szene ist ein großes schauspielhaus mit billigen statisten. diese gestalten und karrikaturen einer scheinheiligen lügendemokratie sind alle gleich gierig und auf ihren vorteil bedacht. Jene landtagsabgeordnete und bundestagsabgeordnete die ich in meinem leben persönlich kennen gelernt habe, denen ging es immer nur ums geld verdienen, wenn sie mir ihre ideale auch anders dargestellt haben. Einen alten fuchs kann man nicht mit halbverhungerten hühner in einen verschmutzten stall locken.
hukwa

Samstag, 26. September 2009

In der Warteschleife

Es ist mir eine der schönsten lebensfreuden wenn ich früh am morgen erwache, bei einer tasse kaffee sitze, meine erste zigarette rauche und das bei - mir - selbst - sein genießen kann. Nicht jeder mensch genießt solchen reichtum am frühen morgen. Die meisten menschen hadern mit dem leben. Wohl weil sie mit ihrer ökonomischen situation unzufrieden sind. Es ist das "mehr" das diese menschen antreibt, die raffgier, das nicht zufrieden geben können mit ihrer ökonomischen lebenssituation. Die hälfte ihres lebens verbringen sie auf der arbeitsstelle, kommen sie nach hause sitzen sie vor dem fernseher, es erscheint ihnen wichtiger ihre zeit mit sinnlosen dingen zu verbringen als bewusst zu leben. Ihr ganzes leben ist eine warteschleife und irgendwann dreht dann immer mal einer durch. Sie wollen ihr leben nicht positiv verändern, sie sehen ihren sinn darinnen ihn ihrem leben nur materielles anzuhäufen. Der einzelne der sich nicht von den infamitäten des lebens niederringen lässt, schafft dies unter anderem weil er sich einen abstand zu dieser kaputten gesellschaft aufgebaut hat. Ohne diesen abstand würde er ebenfalls unter ihr räderwerk geraten. Diese gesellschaft ist dümmlich, brutal und gewalttätig, ihre opfer sind ihre eigenen mietglieder, sie sind so am ende, das sie nicht bemerken, wie sie von der politik kaltblütig in die enge getrieben werden. Sie sind die sklaven und roboter ihres eigenen und von ihnen mit aufgebauten gesellschaftlichen systems.
hukwa

Daseinsgedanken

Das einfache leben ist ein gutes und starkes leben. Ich habe mein leben immer so einfach gestaltet als es mir möglich war. Das mich die ökonomie nie besonders interessierte hängt wohl auch damit zusammen, das ich als kind schon so gelebet habe. Ich bin im hause meiner großmutter aufgewachsen, es war immer genügend vorhanden, an materiellem hat es mir in kindheit und jugend nie gemangelt. Ich hatte auch nie große wünsche oder materielle sehnsüchte in mir verspürt. Schon früh schlug ich den pfad des geistes ein und empfand bei dem gedanken an materielle anhäufungen eine tiefe abneigung. Als meine ehemaligen kameraden den führerschein machten, sich ein auto kauften, wäre es mir nie in den sinn gekommen es ihnen gleich zu tun. Dieses "gleichtun" verabscheue ich bis heute, es gibt zu viele "gleiche", vielleicht habe ich deshalb mit siebzehn jahren max stirner endecken müssen und musste früh schon mit dem "einzigen und sein eigentum" kämpfen. Stirner will wie nietzsche überwunden sein. Ich habe immer versucht das zu tun was ich auch tun wollte. Ich habe mich aber auch nie als ein so genannter "querdenker" gefühlt, obwohl mich einige so nannten, kann ich darüber nur müde lächeln. Mein eigenes leben zu leben, mir meine eigensten gedanken zu machen ist mir oberstes lebensprinzip. Es liegt mir fern fremde mäntel anzuziehen und meine eigene haut zu verdecken.
In mir selbst bei mir zu hause habe ich mich immer zu erforschen versucht. Die feste anderer menschen interesieren mich nicht, tief in meinem innern feiere ich meine eigenen feste, unscheinbar von aussen doch innen ein feuerwerk der wunder.
hukwa

Freitag, 25. September 2009

Tagebücher als Entwicklunsbücher

In den vergangenen tagen habe ich einmal wieder in alten tagebüchern gelesen. Schließlich sind es dreißig jahrgänge tagebuch die ich in meinem arbeitszimmer aufbewahre. Man kann seine persönliche entwicklung in solchen büchern sehr gut verfolgen. So sind tagebücher entwicklungsbücher. Bei meinen aufzeichnungen ist es so das diese sich etwa ab 1990 auch zu werks und arbeitsbüchern gestaltet haben. Das private verbindet sich mit den gesellschaftlich - politischen. Über fast alles was ich geschrieben habe, wofür ich gekämpft habe, was ich veröffentlicht habe, habe ich sozusagen "buch geführt". Niederlagen und siege finden sich in diesen aufzeichnungen. Die hunderte veröffentlichter leserbriefe genauso wie artikel und kolumnen die ich für zeitschriften geschrieben habe, briefe an kollegen und vieles mehr. Bilder und schriftliche relikte aus meiner kindheit und jugendzeit klebe ich meistens auf die letzten seiten der tagebücher. So werden diese aufzeichnungen auch zu einem stückchen zeitgeschichte.
Sie beginnen mit den anfängen meines lyrischen schaffens, hin zur literatur und den pragmatischen aufsätzen über natur, bäume, pilze und pflanzen. Dann das bildnerische arbeiten der gesamten 90ziger jahre, sämtliche aufzeichnungen mit vielen fotos enthalten diese bücher.
Dann kommen die spirituellen Aufsätze bis hin zu den philosophischen abhandlungen.
Diese aufzeichnungen haben für mich als betrachter oft etwas biographisches und sakrales zugleich, sakral im sinn des erinnerns in der form von proust. Da ich vorwiegend in den frühen morgenstunden an meinen tagebüchern arbeite, sind darinnen viele hunderte von Sonnenaufgängen festgehalten. In den 70zigern und 80zigern habe ich in kleine d5 heftausgaben geschrieben, seit 1989 bevorzuge ich festgebundene d4 buchausgaben, solche schreibbücher sind einfach praktischer man kann auch einmal in sie hinein malen oder zeichnen, sie bekleben.
Für mein schöpferisches schaffen sind diese tagebücher meine zeugen, meiner beständigkeit zur kunst und literatur, sie sind ein wichtiger halt in meinem leben.
hukwa

Donnerstag, 24. September 2009

Morgen

Der traum ist immer ein traum
von morgen
wir lassen ihn warten
den morgen
derweil träumen wir träume
von ruhm und reichtum
liebe und frieden
jeder hat seinen eigenen traum
vom neuen morgen
und unbemerkt tritt
ein neuer morgen
seine routine an
eine neue schlacht beginnt
mit dem kreislauf eines neuen werktages
wir hoffen auf eine bessere zukunft
wir hoffen wir beten wir glauben
wir vergessen vor träumen den neuen tag.
hukwa

In einer zeit in der das leben auf das niveau herunter gesunken ist
da das leid dieser welt
zu einer nichtigkeit geworden ist
die man in einem oberflächlichen gespräch
zwischen kaffee trinken und stuhlentleerung wahrnimmt
wo die liebe zwischen mann und frau
im medienhaften symbol
zweier zuckender klumpen fleisch dargestellt wird
da kinder nächtlich in ihren betten weinen
weil sie an körper und geist mißbraucht werden
da man die alten wegen ihres alters verachtet
und in jedem arbeitslosen
einen anwärter und gegner
auf die eigene arbeitstelle sieht
in solch einer zeit
in der manche denken das wir nicht mehr die geringste chance haben
sollten wir mit dem wahrnehmen beginnen
das vielleicht der tag nicht mehr fern ist
in dem wir unsere eigene daseinsgestaltung
in unsere hände nehmen
uns global vernetzen
und das wort
unterdrückung und ausbeutung aus dem
menschlichen wortschatz verbannen.
hukwa

An seinem verhältnis zur wirklichkeit sollte literatur ansetzen, und als schriftsteller muss ich schreiben was diese wirklichkeit mir diktiert. Sie ist das fundament auf das ich mein leben gründe. als schriftsteller bin ich fragezeichen und verlust der wirklichkeit ist gleich verlust von wahrnehmung einer mich umgebenden realität.
hukwa

Traumwörteruhr
oft erwache ich in der nacht
durch unausgesprochene wörter und sätze
ich nenne das die wörteruhr
war wieder zu laut
dann verfolgen mich meine eigenen gedichte
werden sätze zu fratzen
und ich finde keinen schlaf mehr
wie ein kokon
wie eine nebelhaut
bin ich gefangen
im labyrinth meiner gedichte
sie tanzen und tanzen
buchstaben wörter sätze
verfolgen mich
durchdringen mich
oft erwache ich in der nacht
und denke
wer bin ich
der
der im kokon lebt
der sich in der nebelhaut quält
der herr dieser gedichte
oder
ihr sklave
eine sanduhr ohne sand
randvoll mit wörtern
und ich falle mit ihnen
die ganze nacht
in die schwärze
wo das
traumwort wartet.
hukwa

Manifestierte Literatur

Urteile können unzeitgemäß werden, lebensformen können sich verändern,
doch haltungen brauchen sich nicht zu verändern
sie führen nur zu verschiedenen zeiten
zu unterschiedlichen äusserungen.
bert brecht

Ich schreibe und bleibe somit dem tag auf der spur. Lasse mich durch nichts so schnell überwältigen. Schreiben, lesen, literarisch formen, ist das einschalten in den stromkreislauf aus geschriebenem wort und poesie. Man ist teil eines gesamtkunstwerkes, blättert in der literaturgeschichte und die dichter und denker, egal welcher zeit, manifestieren sich, in meinen tage und notizbüchern, in meinen blogs. Wenn ich am frühen morgen zwischen 3 und 4 uhr erwache, mit einem heißen kaffee vor meinem schreibtisch sitze, kommt das über mich was ich das "zweite erwachen" nenne: Ich erwache aus meinem geistigen schlaf. Wenn ich dann staunend über mein dasein nachdenke, wenn mir alles vertraut und fremd zugleich ist, wenn der stift über das papier rast, dann wird mir auch bewusst, das die literatur nich aus vergilbtem papier besteht, sondern das sie lebt.
Jeder kann das fühlen wen er nicht geistig ausgedorrt ist oder politisch ruhig gestellt. Jedem system ist die literatur ein dorn im auge, sobald sie ihre saat in politische felder legt. Die literatur ist eine wahrheit die man nur schwer verfälschen kann. Sie ist zeuge für nachfolgende generationen, wenn sie mit der tinte der realität geschrieben ist.
Irgendwo habe ich einmal den spruch gelesen:
das jede nation mit poesie beginnt und mit
algebra endet.
Ich glaube das ist von yeats.

das sich erneuernde
dies sind die tage
einer häutung
was sich in der stille vollzieht
es ist ein neuer anfang
der andere formen nach sich zieht
es ist wieder einmal an der zeit
das verbrauchte ich abzustreifen
und in einem anderen kleid
die bühne des lebens
als gleichgebliebener
wieder zu betreten
nach der einkehr
folgt der auszug
es ist an der zeit
die häutungen
nicht auf morgen zu verschieben.
hukwa

Authentizität von Tagebüchern

Ein mann der was zu sagen hat und keine zuhörer findet
ist schlimm dran
noch schlimmer sind zuhörer dran,
die keinen finden der etwas zu sagen hat.
Bert Brecht

Tagebuch schreiben, tagebuch veröffentlichen heißt arbeit an der eigenen biographie. Wenn ich mich entschieden habe tagebuchaufzeichnungen, zu veröffentlichen, muss ich auch teile meiner intimssphäre veröffentlichen. Namen sind wirkliche namen, orte sind wirkliche orte, nur so ist das tagebuch auch echt. In den 70ziger jahren begann ich mit dem aufschreiben von tagesgedanken, damals war dies mehr eine lose blättersammlung. Ab 1989 schrieb ich dann in fest gebundene schreibbücher von format D4 was ich heute auch noch tue. Ab mitte der 90ziger jahre enthalten meine schreibbücher auch tusche und buntstift zeichnungen. Wohl weil ich seit dieser zeit auch vermehrt in der bildenden kunst gearbeitet habe. Auch begann ich damit briefe, zeitungsartikel ect. in meine tagebücher einzukleben. Nur so ist es mir möglich den zeitgeist der gesellschaft, als auch mein eigenes ich also höhen und tiefen einer künstlernatur darzustellen.
Ich habe schon immer gerne tagebücher von künstlern und schriftstellern gelesen, sie sind für mich die interessanteste lektüre die ich mir vorstellen kann, weil sie eben der realität eines gelebten lebens entsprechen.
Nur durch eine solche art der absoluten veröffentlichung ist es möglich, ein seelisches spiegelbild und politisch gesellschaftskritische reflexionen über sich selbst an den leser weiterzugeben.
Wer selbst begeisterter tagebuch leser ist, spürt natürlich sofort, wenn er solche eintragungen liest, wieviel hier verändert wird, versteckt wird oder weggelassen wird. Tagebuch schreiben ist immer der versuch mit der wahrheit zu leben. Es gibt das tagebuch als literarische gattung und es gibt das tagebuch als biographisches schreiben, ich bevorzuge das letztere.

Der Dichter ist der rufer in der wüste. Heute bewegt sich der dichter oft in der wüste des betons, des neons, des asphalts. Hier ruft er die "dinge" und be - greift sie förmlich. Er "greift" ein in die unordnung der zeit und ordnet sie für sich selbst. Der dichter muss nicht lehrer der worte sein, er soll ihr bewahrer sein, er weiß wie er sie anzuwenden hat um jenen zustand der einsicht hervorzubringen, einer einsicht die auf seiner persönlichen wahrheit beruht. In dem er einsicht und wahrheit zu text und vers schmiedet, hat er ein gedicht geschaffen, dies benutzt er als korrespondenz in seiner um - und mitwelt.

Die Heimat des Menschen ist gar nicht der Ort wo er zu wohnen glaubt.
Ohne zweifel: reisende wie marco polo oder kolumbus haben tausende von kilometern auf unserem planeten zurückgelegt und dabei viel neues endeckt. Wir die wir das menschliche bewusstsein erforschen, haben lichtjahre zurückgelegt und sogar den planeten öfters verlassen.
Aber erst in hundert jahren wird man unsere aufzeichnungen anerkennen.

Morgengedanken über das Dichten

Das einzige was ich seit dreißig jahren beständig mache ist schreiben. Schreiben von gedichten, schreiben von tagebüchern.
Schreib es auf und lies es, reflektiere. Deshalb habe ich wohl immer geschrieben. Im labyrinth des lebens, ist schreiben ein halt, eine boje, eine orientierung.

Dichtung ist dichte - konzentration von augenblicken, annäherungen an das pulsierende der zeit. Es gibt dichter des er - leidens, sie spüren die ohnmacht der zeit, eines systems, es gibt beobachter - zeitzeugen - aber es gibt auch den angreifenden dichter, der sein gedicht wie einen wurfspeer und schutzschild nutzt. In dessen gedichten wir erkennen, wie sehr er mit seinen texten, versucht einen anderen zustand von wirklichkeit und welt herbeizurufen versucht. Solche gedichte die ja protestgedichte zum großen teil sind, sollten sich trotz ihrer politischen realität an das gesetz der gattung gedicht halten.

Vor der Wahl
Sind es nicht der täuschungen genug
der lügen
die ihr uns täglich zelebriert
wir haben schon zu lange eurem seichten winden gelauscht
viel zu lange schon
haben wir den blumen beim wachsen zu gesehen
der wildwuchs hat die gute saat erstickt
wir sollten zum jäten aufbrechen
endlich den spaten in die erde rammen
sie umpflücken
diesmal sollten wir mitbestimmen bei der wahl
der neuen saat.

Es hat seinen reiz
wie proust
aus der erinnerung zu leben
ein dichter findet in diesem fluss
immer eine perle
aber den harten granit
des hier und jetzt
zu bearbeiten
erscheint mir noch dringlicher
denn
so tief wir auch tauchen
irgendwann müssen wir wieder nach oben
um luft zu holen
dann könnte es sein
das wir plötzlich bemerken
das diese reine luft
jetzt
verpestet ist.
hukwa

Über das schreiben von Lyrik

In den letzten tagen verspüre ich wieder das bedürfnis regelmäßig lyrik zu schreiben. Das schreiben von lyrik ist ein bewusstseinszustand. Etwas absolutes, das in einem rotiert und heraus will. Es geht nicht das man so neben bei ein paar gedichte schreibt. Bei mir war es immer so, dass wenn ich lyrik geschrieben habe, oder schreibe, in dieser zeit ganz in den zustand der poesie versunken bin. Lyrik ist ein zustand fern der gewöhnlichen schriftstellerei, es sind absolute, künstlerische und spirituelle momente in denen man lebt. Wahre dichtung dringt in jeden zipfel des geistes. Es kann vorkommen das ich nach dem schreiben eines gedichtes regelrecht ermüdet bin, kommen doch gedichte aus der tiefsten region unseres bewusstseins. Lyrik ist nicht anderes als gebären. Gegenüber der gewöhnlichen schriftstellerei ist sie nicht steuerbar. Aus einem tiefen urschlund tauchen wörter und sätze auf, sie sind plötzlich da wollen niedergeschrieben sein, gehören weniger dem intellekt als dem selbst an. Meine gedichte entstehen wenn ich alleine bin, früher war es der morgen der mich lyrisch inspirierte, heute ist es oft der nachmittag. Man sollte unter das jeweilige gedicht nicht nur das tagesdatum, sondern auch die uhrzeit setzen in der es entstand. So ist immer die möglichkeit gegeben, jene zeit, da das elan vital besonders gut fließt zu benennen und sich für zukünftiges schreiben darauf einzustellen. Diese zeit ist die zeit der begegnung mit orpheus.

Ich habe sie gesammelt
die erfahrungen der jahre
seit 1978 in tagebüchern in gedichten in essays
einige verschlüsselt und
symbolisch weitergegeben
sind sie erschienen
in zeitschriften büchern und antologien
andere sind nur für mich
sind fenster und türen
in meine vergangenheit
schlüssel
die riegel des unbewussten zu öffnen
andere waren schreie und anklagen
augenöffner
sollten es werden
verschiedene sind zeitspiegel
waren mir arznei
und rollende steine
sollten wirken wie ausgeworfener sand
ins getriebe der oberflächlichkeiten
so werden sie zu richtpunkten
ausgeworfene anker
bojen der orientierung
einer reise durchs labyrinth
zusammengesetzt ergeben sie
das puzzle
meines lebens.
hukwa

Aphorismen

Die einzige erfahrung die wir im leben wirklich machen können ist die selbsterfahrung.

Wahre und echte Philosophie beruht immer auf selbsterfahrung.

Der klare geist ist voraussetzung für die tiefe philosophie.

Tat twam asi - das - dies bist du - ist kein religiöser gedanke, sondern ein philosophischer.

Tagebuchschreiben ist medizin.
hukwa